Zum Nutzen und Risiko des Einsatzes von tragbaren Sensoren im Hygiene-Monitoring in medizinischen Einrichtungen

Krankenhausinfektionen sollen durch smartes Hygienetracking minimiert werden
Krankenhausinfektionen sollen durch smartes Hygienetracking minimiert werden

Quelle: HygNova, Berlin. 


Die wichtigste Einzelmaßnahme zur Vermeidung von Krankenhausinfektionen ist die Erhöhung der Händedesinfektionsrate. Ein Anstieg der Händedesinfektionen um 18% reduziert Fälle mit multiresistenten MRSA um bis zu 57% (Pittet et al. 2000, Lancet).  Mangelnde Möglichkeiten der Intervention und Optimierung der Prozesse ergeben sich aus fehlender Transparenz von Hygiene und hohen Kosten in der Observation von Händedesinfektionen. Deshalb finden immer mehr sogenannte smarte Hygienespender und Sensoren Einzug in den Alltag deutscher Kliniken. 


Aber auf welche smarte Technogie sollten die Kliniken setzen? Wie ist das Kosten-Nutzen Verhältnis? Wie hoch ist der Informationsgewinn durch die technischen Erweiterungen im Vergleich zum Kontaminationsrisiko?


Old school Sensorik

Bereits seit Jahrhunderten ist das Stethoskop im medizinisch-pflegerischen Kontext nicht wegzudenken. Sowohl in der Basisdiagnostik komplexer Erkrankungen als auch in der alltäglichen Kontrolle der Vitalparameter von Patientinnen/Patienten kommt das Stethoskop zum Einsatz. Dabei birgt dieses Tool zur Erweiterung der menschlichen Sensorik auch Tücken: Da das Stethoskop ubiquitär im Einsatz ist, ist es bei falscher hygienischer Handhabung prädestiniert für die Transmission von schweren nosokomialen Infektionen.   


New school Sensorik

Genauso wie Stethoskope sind Mobiltelefone im modernen medizinischen Alltag mittlerweile unverzichtbar: Über Apps kann Wissen passgenau am Patientenbett abgerufen werden. Da Mobiltelefone allerdings nicht als medizinisches Instrument wahrgenommen werden, ist die hygienische Reinigung in der Regel nicht in die Ablaufprozesse (SOPs) der medizinischen Institution eingeplant. Die Folgen sind Oberflächenbesiedlungen mit nosokomialen und teils multiresistenten Keimen.  


State of the art?

In letzter Zeit gibt es immer mehr wearable-basierte Hygiene-Monitoring-Ansätze, die das hygienische Verhalten des Personals bemessen.  Diese Wearables werden vom Personal zusätzlich getragen, dokumentieren häufig die Händedesinfektionsrate und werden am Ende der Schicht zur Datenauswertung in Sammelstationen zusammengeführt.


Aus dem beschriebenen Prozess der Nutzung von Wearables im Hygiene-Monitoring und den Erfahrungen aus den genannten Studien zu Stethoskopen und Mobiltelefonen, ergeben sich mehrere Fragen:

-Wie ist die Reinigung der Wearables organisiert? Gibt es hier einen etablierten und kontrollierten Prozess beim Einsatz der Ansätze?
-Stichwort Transmission nosokomialer Infektionen: Wie kann man die Entstehung von multiresistenten Keimen in Wearable-Sammelstationen verhindern?
-Ist die Oberfläche der Wearables grundsätzlich für eine adäquate hygienische Reinigung bzw. Oberflächendesinfektion geeignet?


Größere Studien, basierend auf fundierten mikrobiologischen Untersuchungen, wären notwendig, um die Sicherheit der technischen Ansätze im kritischen medizinischen Alltag zu gewährleisten. In Folge von mikrobiologischen Studien können Prozesse etabliert werden, die über ein regelmäßiges Monitoring eine adäquate Reinigung der Wearables erlauben. In Hinblick auf evidenzbasierte Medizin und steigenden Kostendruck im Gesundheitssektor sollten Kosten-Nutzen-Analysen durchgeführt werden, die den Mehraufwand der Implementierung der Wearables mit dem Informationsgewinn der Ansätze in Beziehung setzt.


Ausblick

Was bedeutet das? Ist zusätzliche Technologie im Krankenhaus schädlich? Sollten Krankenhäuser weiterhin auf den kostspieligen Goldstandard setzen, der die personalisierte Observation des Personals durch Hygienefachkräfte voraussetzt?

Andere technologische Ansätze bringen bereits etablierte Hygiene-Unternehmen wie die Firma OpHardt Hygiene. Diese hat mit ihrem Ingo man weco einen digitalen Spender entwickelt, der die Nutzungsdaten hygienisch korrekt in ein Dashboard schickt (OHMS).  Wearables müssen nicht getragen werden, relevante Bauteile der Spender sind autoklavierbar.


Leider ist die Technologie verhältnismäßig kostspielig und kann bei knappen Ressourcen im Gesundheitssektor häufig nicht im gesamten Krankenhaus zur Verfügung gestellt werden.


True school Sensorik?

HygNova nimmt sich der beschriebenen Problematik auf mehreren Ebenen an:

Zunächst digitalisiert HygNova schon vorhandene Spender preiswert mit seiner innovativen IoT-Technologie. Die Plug&Play-Lösung wird in die bestehenden Spender verbaut und ermöglicht sofort eine lückenlose Dokumentation der Verbrauchskennzahlen. Durch ein nachhaltiges und kosteneffektives Mietmodell werden Investitionskosten für medizinische Einrichtungen gesenkt, sodass die Lösung zum Schutz zahlreicher Patienten eingesetzt werden kann.


Es entstehen keine neuen Oberflächen, keine Sammelstationen oder hohe Investitionskosten für neue Spender. Weiterhin verzichten alle Lösungen von HygNova auf tragbare Sensoren, die möglicherweise ein hygienisches Risiko darstellen und das Personal in seinen normalen, stressigen Abläufen behindern könnten. Die Veränderung des Arbeitsprozesses des Personals durch die Implementierung eines Wearables, ist kritisch, da durch den personellen Mehraufwand wertvolle Zeit beim Patienten verloren geht.


Im unaufhaltbaren Digitalisierungsprozess medizinischer Institutionen sollten Entscheidungen über die Implementierung neuer Technologie immer in Berücksichtigung der Komplexität hygienischer Mikro-Ökosysteme erfolgen.

Entscheider werden sich im Bereich Hygiene zukünftig auf verlässliche, kosteneffektive und leicht zu implementierende Lösungen mit validem Mehrwert verlassen.


Quelle/Interessenskonflikt:
Dr. Ehsan Khaljani ist Gründer und Geschäftsführer der Firma HygNova, die mit HygNova ADVANCE eine Hygiene-Monitoring-Lösung ohne tragbare Sensoren anbietet.


Fußnoten:
1  Am J Infect Control. 2016 May;
Disinfection, sterilization, and antisepsis: An overview.
Rutala WA1, Weber DJ2.
2  J Intensive Care. 2015 Dec;
Bacterial contamination of inanimate surfaces and equipment in the intensive care unit.
Russotto V1, Cortegiani A1, Raineri SM1, Giarratano A1.
3  Infect Disord Drug Targets. 2018;
The occurrence of nosocomial pathogens on cell phones of healthcare workers in an Iranian tertiary care hospital. Khashei R1, Ebrahim-Saraie HS1, Hadadi M1, Ghayem M2, Shahraki HR3.
4  J Infect Dev Ctries. 2015 Oct;
Are healthcare workers' mobile phones a potential source of nosocomial infections? Review of the literature.
Ulger F1, Dilek A, Esen S, Sunbul M, Leblebicioglu H.
5  Saninudge (www.saninudge.com); HyHelp (www.hyhelp.de); GWA-Hygiene (www.gwa-hygiene.de)
6 OPHardt hygiene; OHMS; https://www.ophardt.com/index.php/de/ohms-2, 13.09.2018, Uhrzeit 17:31

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Kommentare: 7
  • #1

    GoaCDtTd (Sonntag, 18 September 2022 11:08)

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  • #2

    lxbfYeaa (Montag, 13 Februar 2023 09:21)

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  • #3

    lxbfYeaa (Montag, 13 Februar 2023 16:25)

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  • #4

    lxbfYeaa (Montag, 13 Februar 2023 16:25)

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  • #5

    lxbfYeaa (Montag, 13 Februar 2023 16:27)

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  • #6

    lxbfYeaa (Montag, 13 Februar 2023 16:28)

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  • #7

    lxbfYeaa (Montag, 13 Februar 2023 16:28)

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