Mit dem Krankenhauszukunftsgesetz stehen den Akutkrankenhäusern in Deutschland bis zu 4,3 Mrd. EUR Fördermittel für die Digitalisierung zur Verfügung. Das ist eine riesen Chance. Und Risiko: Wer jetzt nicht in allen Bereichen erheblich investiert, wird wirtschaftlich ab 2025 durch Abschläge bis 2% auf alle stationären und teilstationären Fälle dauerhaft geschwächt.
„Der Bund investiert erstmalig seit Jahrzehnten direkt aus Haushaltsmitteln in Krankenhäuser: 3 Mrd. € für die digitale Infrastruktur – zur Vernetzung & nicht für Insellösungen.“ Jens Spahn zum Krankenhauszukunftsgesetz, das am 18.09.2020 im Bundestag beschlossen wurde.
Wir informieren hier über den aktuellen Stand der politischen Entwicklung und leiten daraus Handlungsempfehlungen für förderfähige Projekt für den Bereich des "Supplychain Management" ab, damit Management, IT-Verantwortliche und Einkauf einen maximalen Effekt für die Digitalisierung ihres Hauses ableiten können. Das ist die Mission von Zukunft Krankenhaus-Einkauf.
KHZG: STAND DER UMSETZUNG
Der Gesetzgeber sieht die Notwendigkeit, die Digitalisierung der Krankenhäuser mit Bundesmitteln zu fördern, nimmt aber die Länder und auch Krankenhausträger ebenfalls in die Pflicht. Das Gesetz ist verabschiedet und beschreibt elf Förderschwerpunkte.
- Kabinettsbeschluss am 2.9.2020
- Verabschiedung im Bundesrat am 9.10.2020
- Veröffentlichung Antrag mit Anlage
- Fördermittelrichtlinie
- Online-Schulung für IT-Dienstleister (seit Januar 2021)
KHZG: ZEITPLAN (Quelle: BMG)
- Antrag Krankenhausträger bei den Ländern
- Antrag Länder beim BAS zur Auszahlung Fördermittel bis 31.12.2021
Übersicht der KHZG Regeln in den einzelnen Bundesländern
(Quelle: Handelsblatt am 5.2.2021)
Bundesland | Frist der Bedarfsmeldung | Kofinanzierung
WAS FÜR KLINIKEN WICHTIG SEIN WIRD
Schnelligkeit
Sowohl die Beantragung der Fördermittel (bis 31.12.2021) als auch die übergeordnete Frist der Digitalisierung bis 2025 ist herausfordernd. Das Gesetz entbindet nicht von der Pflicht auszuschreiben. Der Einkauf spielt hierbei eine gewichtige Rolle.
Planung
Rosinenpicken durch Auswahl einzelner Schwerpunkte ist gefährlich, eine Digitalisierungs-Roadmap sollte alle gesetzlich verankerten elf Fördervorhaben umfassen, um keine Abschläge zu riskieren. Hier können Sie als Verantwortlicher für Einkauf und Logistik Förderprojekte vorschlagen und Business- und Usecases konzipieren.
Umsetzung
IT-Ressourcen, intern wie bei Dienstleistern, werden vermutlich zur Mangelware, denn alle Krankenhäuser werden Projekte starten. Alle Vorhaben müssen auf verlässliche Umsetzbarkeit geprüft werden. Der Einkauf als Schnittstelle zu Lösungsanbietern muss hier aktiv managen, um die Zeitschiene einhalten zu können.
Projektmanagement
Viel Fördergeld, viel Risiko durch Abschläge (Förderschädlichkeit oder Erlösabschläge ab 2025): Die Erfolgschancen können schon früh verspielt werden, wenn die Krankenhausleitung nicht von Beginn ein Gremium etabliert, das den Umsetzungserfolg kontinuierlich überwacht. Die Beschaffungsabteilung eines Klinikums muss im Gremiums sitzen.
FÖRDERUNGSFÄHIGE VORHABEN NACH KHZG
- Informationstechnische Ausstattung Notaufnahme (z.B. Logistikprojekte)
- Einrichtung Patientenportale
- Elektronische Dokumentation von Pflege- und Behandlungsleistungen (z.B. Scanner und Dokumente zu Medizinprodukten)
- Entscheidungsunterstützungssyteme
- Digitales Medikationsmanagement
- Digitaler Leistungsanforderungsprozess (z.B. Scanner oder Bluetooth Technologie für Medikamente, Betten...)
- Cloud-Systeme für abgestimmtes Leistungsangebot mehrerer Häuser
- Versorgungsnachweissystem für Betten
- Telemedizin-Netzwerk
- IT-Security (z.B. sicheres eProcurement)
- Anpassung Patientenzimmer
FÖRDERUNGSFÄHIGE KOSTEN
Die Förderrichtlinie wurde am 30. November publiziert und enthält konkrete MUSS- und KANN Kriterien je Fördervorhaben.
Neben Investitionskosten sind auch initiale Betriebskosten für bis zu drei Jahren förderfähig. Projekte, die nicht vor dem 2.9.2020 mit der Umsetzung begonnen wurden, sind ebenfalls förderfähig.
VORGEHENSMODELL (Quelle: project on time)
Wie die Planung und Umsetzung der Maßnahmen sollten mindestens folgende Schritte geplant werden:
1. Planung und Durchführung eins “Vorprojektes”
Bei dem “Vorprojekt” sollte eine Ist- sowie eine Potentialanalyse durchgeführt werden. Auf dieser Basis kann eine Strategie für die Zukunft entwickelt werden. Hierzu gehört auch die im KHZG geforderte IT-Reifegrad-Analyse. Die Strategie mündet in einer “Roadmap”, die wiederum in einzelnen Projekten abgebildet wird.
2. Definition und Vorbereitung von Einzelprojekten
Aus den Ergebnissen des Vorprojektes können Einzelprojekte definiert werden, die optimalerweise durch ein PMO (Project Management Office) untereinander koordiniert werden. Für das strategische und operative Projektmanagement sollte eine für Kliniken geeignete Methodik (z.B. HC-Change|Project) eingesetzt werden.
3. Initiierung von Einzelprojekten
Im Rahmen der Initiierung von Einzelprojekten werden auch die Anforderungen nach KHZG einbezogen, so dass die Projektdokumentation sowohl für das Projekt selbst genutzt wird, als auch für die Beantragung der Fördermittel.
4. Durchführung von Einzelprojekten
Basierend auf der gewählten Projektmanagement-Methodik werden die Projekte strukturiert durchgeführt. Bei der Beschaffungen müssen die Anforderungen der öffentlichen Vergaberechtes zwingend erfüllt werden.
5. Projektabschluss
Bei Projektabschluss wird neben der Prüfung der Erreichung der Projektziele und sog. “lessons learned” die Dokumentation für den Nachweis über die korrekte Verwendung der Fördermittel erstellt.
6. Verankerung
Bei Prozessveränderungen im Krankenhaus ist zur Sicherung der Nachhaltigkeit eine längefristige Begleitung (Change-Management) sehr vorteilhaft. So können ggf. auftretende Probleme schnell und kostengünstig gelöst werden.
Quellen: simplinic, project on time
Weitere interessante Links zum KHZG:
- Fragen und Antworten des BMG zum KHZG
- Bundesamt für Soziale Sicherung
- KHZG Bundesländer spezifische Vorgaben