Fragen und Antworten zum Sorgfaltspflichtengesetz (Lieferkettengesetz)

(Quelle: Bundesministerium für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung // Stand: 02.03.2021) 

 

1. Was ist das Ziel des Gesetzes?

  • Ziel ist es, den Schutz der Menschenrechte zu verbessern.
  • Dazu tragen auch Unternehmen in Deutschland Verantwortung. Sie müssen dafür Sorge tragen, dass in ihren Lieferketten die Menschenrechte eingehalten werden, also keine Kinder arbeiten oder Zwangsarbeit stattfindet.
  • Dabei geht es um die Einhaltung grundlegender Menschenrechtsstandards. Es geht nicht darum, überall in der Welt deutsche Sozialstandards umzusetzen
  • Auch Umweltbelange sind relevant, wenn sie zu Menschenrechtsverletzungen führen (z.B. durch vergiftetes Wasser).
  • Das Gesetz legt klare und umsetzbare Anforderungen für die Sorgfaltspflichten von Unternehmen fest und schafft so Rechtssicherheit für Unternehmen und Betroffene.
  • Damit setzen wir den Koalitionsvertrag um.

 

2. Warum brauchen wir ein Sorgfaltspflichtengesetz?

  • Um die UN-Leitprinzipien für Wirtschaft und Menschenrechte in Deutschland umzusetzen, hatte die Bundesregierung viele Jahre auf freiwilliges Engagement gesetzt und den Nationalen Aktionsplan Wirtschaft und Menschenrechte verabschiedet.
  • Zur Überprüfung, ob größere Unternehmen ihren menschenrechtlichen Sorgfaltspflichten in den Lieferketten nachkommen, wurde ein Monitoring mit unabhängigen Dienstleistern eingerichtet.
  • Die Zielmarke von 50 Prozent wurde dabei klar verfehlt:
  • Bei der ersten Unternehmensbefragung (2019) haben etwa 400 von rund 3.000 angeschriebenen Unternehmen den Fragebogen ausgefüllt; davon waren ca. 20 % Erfüller.
  • In der zweiten Runde (2020) wurde die Methodik verbessert und es antworteten rund 450 (von 2.250) Unternehmen; davon waren 17 % Erfüller.
  • Der Koalitionsvertrag sah für diesen Fall vor, dass die Bundesregierung auf nationaler Ebene gesetzlich tätig wird.  

 

3. Was sind die größten Menschenrechtsverletzungen bei Wirtschaftsaktivitäten weltweit?

  • 152 Mio. Kinderarbeiter, davon die Hälfte in ausbeuterischen Verhältnissen.
  • 25 Mio. Menschen in Zwangsarbeit.

 

4. Auf welche Menschenrechte beziehen sich die Sorgfaltspflichten? 

  • Unversehrtheit von Leben und Gesundheit;
  • Freiheit von Sklaverei und Zwangsarbeit;
  • Schutz von Kindern und Freiheit von Kinderarbeit;
  • Vereinigungsfreiheit und Recht auf Kollektivverhandlungen;
  • Schutz vor Folter;
  • Gerechte Arbeitsbedingungen (Arbeitsschutz, Pausen);
  • Umweltbezogene Pflichten zum Schutz der menschlichen Gesundheit.

 

5. Welche Unternehmen werden vom Gesetz erfasst?

  • Ab 2023: Unternehmen mit mehr als 3.000 Mitarbeitenden (über 600 Unternehmen in Deutschland).
  • Ab 2024: Unternehmen mit mehr als 1.000 Mitarbeitenden (2.900 Unternehmen).
  • Danach wird der Anwendungsbereich evaluiert.

 

6. Was sind die wichtigsten Regelungen?

1. Erstmals klare Anforderungen für die unternehmerischen Sorgfaltspflichten

  • Das schafft Rechtssicherheit für Unternehmen und Betroffene.

2. Verantwortung für die gesamte Lieferkette

  • Die Sorgfaltspflichten der Unternehmen erstrecken sich auf die gesamte Lieferkette – vom Rohstoff bis zum fertigen Verkaufsprodukt.
  • Die Anforderungen an die Unternehmen sind angemessen und abgestuft, u.a. nach dem Einflussvermögen des Unternehmens auf den Verursacher der Verletzung sowie nach den unterschiedlichen Stufen in der Lieferkette.

3. Externe Überprüfung durch eine Behörde

  • Viele Unternehmen erfüllen bereits diese Vorgaben, da sie beispielsweise die EU Konfliktmineralienverordnung und / oder die EU-CSR-Richtlinie umsetzen. 
  • Mit dem Bundesamt für Wirtschaft und Ausfuhrkontrolle überprüft eine etablierte Behörde die Einhaltung des Gesetzes.
  • Sie kontrolliert die Unternehmensberichte und geht eingereichten Beschwerden nach.

4. Besserer Schutz der Menschenrechte

  • Betroffene von Menschenrechtsverletzungen können ihre Rechte nicht nur vor deutschen Gerichten geltend machen, sondern jetzt auch Beschwerde beim Bundesamt für Wirtschaft und Ausfuhrkontrolle einreichen.

 

7. Was ist eine Lieferkette?

  • Die Lieferkette im Sinne dieses Gesetzes erstreckt sich auf die Beiträge, die das Unternehmen verwendet, um ein Produkt herzustellen oder eine Dienstleistung zu erbringen, angefangen von der Gewinnung der Rohstoffe bis zur Lieferung an den Endkunden.

 

8. Wie sind die Anforderungen in der Lieferkette abgestuft?

  • Die Anforderungen an die Unternehmen sind nach den unterschiedlichen Stufen in der Lieferkette abgestuft:
  • eigener Geschäftsbereich,
  • unmittelbarer Zulieferer,
  • mittelbarer Zulieferer. Und nach:
  • Art und Umfang der Geschäftstätigkeit,
  • dem Einflussvermögen des Unternehmens auf den unmittelbaren Verursacher der Verletzung,
  • der typischerweise zu erwartenden Schwere der Verletzung. 

 

9. Was muss ein Unternehmen im eigenen Geschäftsbereich und beim unmittelbaren Zulieferer tun?

Unternehmen müssen folgende Maßnahmen umsetzen:

  • Grundsatzerklärung zur Achtung der Menschenrechte verabschieden.
  • Risikoanalyse: Verfahren zur Ermittlung nachteiliger Auswirkungen auf die Menschenrechte durchführen.
  • Risikomanagement (inkl. Abhilfemaßnahmen) zur Abwendung potenziell negativer Auswirkungen auf die Menschenrechte
  • Beschwerdemechanismus einrichten.
  • Transparent öffentlich Bericht erstatten.
  • Im Fall einer Verletzung muss es im eigenen Geschäftsbereich unverzüglich Abhilfemaßnahmen ergreifen, die zwingend zur Beendigung der Verletzung führen. Zudem muss es weitere Präventionsmaßnahmen einleiten.
  • Wenn das Unternehmen die Verletzung beim unmittelbaren Zulieferer nicht in absehbarer Zeit beenden kann, muss es einen konkreten Plan zur Minimierung und Vermeidung erstellen.

 

10. Was muss ein Unternehmen beim mittelbaren Zulieferer tun?

  • Hier gelten die Sorgfaltspflichten nur anlassbezogen.
  • Erlangt das Unternehmen Kenntnis von einem möglichen Verstoß bei einem mittelbaren Zulieferer, so hat es unverzüglich:
  • eine Risikoanalyse durchzuführen,
  • ein Konzept zur Minimierung und Vermeidung umsetzen, • angemessene Präventionsmaßnahmen gegenüber dem Verursacher zu verankern.

 

11. Was muss ein Unternehmen tun, wenn eine Beschwerde eingeht?

  • Das Unternehmen muss prüfen, ob eine Rechtsverletzung im eigenen Geschäftsbereich oder bei einem Zulieferer vorliegt.
  • Je nach Stufe der Lieferkette gelten dann die zuvor dargestellten Anforderungen. 

 

12. Müssen gegebenenfalls Geschäftsbeziehungen abgebrochen werden?

  • Das ist nicht Ziel des Gesetzes. Vielmehr geht es darum, Verbesserungen beim Menschenrechtsschutz dauerhaft zu verankern.
  • Ein Abbruch der Geschäftsbeziehungen ist nur dann geboten, wenn eine schwerwiegende Menschenrechtsverletzung festgestellt wurde und die bisherigen Maßnahmen des Konzepts innerhalb einer gesetzten Frist nicht erfolgreich sind.

 

13. Gibt es eine Haftung für Unternehmen bei Menschenrechtsverletzungen in ihren Lieferketten?

  • Das Gesetz schafft keine neuen zivilrechtlichen Haftungsregelungen.
  • Es gilt weiterhin die zivilrechtliche Haftung nach deutschem und ausländischem Recht.

 

14. Können Nichtregierungsorganisationen klagen?

  • Nichtregierungsorganisationen steht kein eigenes Klagerecht zu.
  • Betroffene, die in wichtigen Rechten verletzt wurden, können aber von Nichtregierungsorganisationen bei ihrer Klage unterstützt werden (sog. Prozessstandsschaft).

 

15. Gibt es Vorgaben für Mindestlöhne?

  • Das Gesetz legt keine globalen Mindestlöhne fest.
  • Das Gesetz verweist aber auf die ILO-Übereinkommen, die einen angemessenen Lohn vorsehen.
  • Das anzustrebende Lohnniveau ist von Land zu Land verschieden und orientiert sich an der wirtschaftlichen Situation. 

 

16. Wie wird das Gesetz umgesetzt?

  • Das Bundesamt für Wirtschaft und Ausfuhrkontrolle gewährleistet die effektive Durchsetzung des Gesetzes. 
  • Bei Verstößen gegen das Gesetz sind Bußgelder möglich.
  • Unternehmen können bei schwerwiegenden Verstößen bis zu drei Jahren von der öffentlichen Beschaffung ausgeschlossen werden.
  • Gleichzeitig wird es substanzielle Unterstützungsangebote der Bundesregierung für Unternehmen geben.

 

17. Gibt es ein elektronisches Berichtsverfahren?

  • Die zuständige Behörde arbeitet aufwandsarm mit einem komplett elektronischen Berichtsformat. Bestehende Berichtspflichten (z.B. CSR-Berichterstattung) werden darin integriert, um Parallelstrukturen zu vermieden.
  • Weitere Erleichterung für Unternehmen: Die Behörde wird einen „Anerkennungsmechanismus“ für bestehende Zertifizierungssysteme aufsetzen. Das gibt Unternehmen Orientierung, an welchen Stellen Zertifikate als Nachweis für die Erbringung der Sorgfaltspflichten geeignet sind.

 

18. Brauchen wir nicht europaweite Regeln?

  • Das Ziel bleibt eine einheitliche europäische Regelung.
  • Bis eine einheitliche europäische Regelung vorliegt, wird es voraussichtlich noch mehrere Jahre dauern.
  • Mit einem nationalen Gesetz können wir die EU-Gesetzgebung in unserem Sinne beeinflussen. Das ist auch im Interesse der deutschen Wirtschaft.

 

19. Wie ist die weitere Zeitplanung?

  • Der Gesetzentwurf soll spätestens Mitte März im Bundeskabinett beschlossen werden.
  • Noch vor der Sommerpause soll das Gesetz vom Deutschen Bundestag verabschiedet werden.
  • Für Unternehmen mit mehr als 3.000 Mitarbeitenden gilt es dann ab dem 01.01.2023.



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Sorgfaltspflichtgesetz (Gesetzestext)
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